Freitag, 25. August 2017

Can I still get into Heaven if I kill myself?

Ich gebe ja ungerne zu, dass ich manche Sachen die mir mein Mitbewohner ("Resist", der ein oder andere kennt ihn ja vielleicht noch) zeigt, dann doch ganz gut finde. Bei einem Großteil kann ich zwar sehr gut nachvollziehen, warum er dieses oder jenes gut findet und sehe, warum es Qualität hat - kann mich aber nicht genug damit anfreunden, es selbst konkret zu mögen.
Das bezieht sich vor Allem - aber nicht ausschließlich - auf Musik.
Aber eines dieser Musikstücke, die ich immer mal wieder bei ihm gehört habe und einfach nur akzeptiert habe, dass es sie gibt und dass es gewiss eine bestimmte Anziehungskraft haben kann und likeable ist, ist "King Park" von La Dispute

Nachdem er mich ein paar Mal vergeblich dazu bringen wollte mich auf die Lyrics zu konzentrieren, weil es dann sehr gut wäre, kam ich bei unserer 12 Stunden langen Autofahrt von Kroatien zurück nach Deutschland (Ja, ich war im Urlaub, danke der Nachfrage!) nicht drumrum mal auf den Text zu achten.
Und ich muss sagen: Wow.

Wow.

Dieses Lied hat tatsächlich einen sehr, sehr hohen Gänsehautfaktor. Und auch wenn man sich denkt "ehy, der schreit ja so quengelich rum, voll doof, yo!", muss man zugeben, dass es nur so - und tatsächlich nur so - die volle Wirkung entfalten kann. 
Es basiert auf einem Drive-By-Shooting in Wyoming  und bietet einen völlig neuen Einblick in das Geschehen, gibt dem ganzen - falls möglich - noch mehr Dramatik.

Mich hat's etwas aus der Bahn geworfen, aber genug der Vorrede: Anhören kann man sich das auf jeden Fall einmal. Da der Sänger gelegentlich etwas nuschlig schreit, am Besten einfach nebenbei die Lyrics mitlesen!



Faszinierend finde ich auch, dass jeder etwas anderes mit dem Text assoziiert. Meine Mutter beispielsweise, bezieht vieles davon auf ihr Umfeld, da sie mit Kindern arbeitet. 
Ich bin etwas "distanzierter mitgerissen", falls ich das so ausdrücken darf.
Ich finde zum Einen die Seite der Opfer sehr mitreißend und aufwühlend. "I see them younger this time, playing games and doing homework." / "Three days later they made funeral plans. The family. Three days later a mother had to bury her son."

Zum Anderen finde ich aber auch die Täterseite sehr spannend: einerseits die Gewissenskonflikte, die Bürde, die auf ihm liegt. Andererseits die Frage, ob all das nur eine Bürde für ihn ist, weil er Angst um sein eigenes Seelenheil hat. Aber selbst wenn es ihm nur um sich gehen sollte - ist die Frage "Can I still get into heaven if I kill myself" nicht doch sehr, sehr kraftvoll und ruft eine Menge komplizierte Gefühle hervor?

Außerdem finde ich noch den gesellschaftlichen Aspekt interessant: Die Anwohner, die aus ihren Häusern mit Vorgärten kommen und zum Tatort strömen, die untereinander tuscheln und - vielleicht auch nur, weil es in ihrer Nachbarschaft passiert ist, betroffen sind von dem Vorfall und sich fragen "wie weit sie wohl vom Opfer entfernt gewohnt haben" und das ja in irgendeiner Form ihren Alltag unterbricht und vielleicht sogar stört. Und ob das nicht auch alles auf sie selbst bezogen ist, oder ob sie nicht doch tatsächlich Anteil nehmen an dem Schicksal des Jungen, seiner Familie und vielleicht den Hintergründen seines Mörders. Dadurch, dass am Ende des Abschnitts noch der Bogen geschlagen wird zu "And is he dead? These children. Our kids." bleibt da meiner Meinung nach viel Raum zur Interpretation.

So oder so: ein sehr kräftiges, heftiges Lied.

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